Die Handballnationalmannschaft der Herren hat es uns vorgemacht. Aus einer eher miserablen Leistung gegen Spanien, einem anschließenden Zittersieg, einem weiteren Pflichtsieg, entwickelte sie in der ersten Halbzeit gegen Kroatien unbändige Kräfte. Mit jedem Atemzug dominierte sie das Spiel, versprühte Spielwitz, verkörperte die Leichtigkeit des Seins. Dennoch hat sie es nicht nach Hause gebracht. Warum?
Trainer formten ein eingeschworenes Team
Vorab hat der Trainerstab Wunder vollbracht. Nach einer Leistung gegen Spanien, die eher dem Motto verpflichtet war: „Das Leben ist zu kurz, um Handball zu gucken“, schafften die Trainer eine Runderneuerung. Sie formten ein eingeschworenes Team, das sich seiner Stärken bewusst war und diese gegen Kroatien zuerst voll ausspielte.
Selbstorganisation
Das Team war in der ersten Halbzeit motiviert bis in die Fingerspitzen. Es wusste das Spiel zu dominieren und es nach seinem Gusto zu gestalten. Christian Prokop, der Trainer, brauchte seine Auszeiten nicht. In denen, die die Kroaten nahmen, fand er die richtigen Worte. Die Mannschaft knallte mit ihren Leistungen durch die Decke. Voll da und im Spielbetrieb selbstorganisiert.
Fremdbestimmung
Doch wie so oft, wird uns unsere größte Stärke, uns selbst zum Verhängnis. Da die Auszeiten noch da waren, machte Prokop zum Schluss des Spiels davon Gebrauch. Konkrete Anweisungen machten die Kreativität des Teams kaputt. Das selbstbestimmte Team entwickelte sich in Richtung Marionettendasein.
Wenn ein Spieler zum Torschützen vorab bestimmt wird, werden die anderen Mitspieler zu Statisten. Das gipfelte in Prokops Ansage, dass er noch eine Auszeit habe. Im Unterbewusstsein der Spieler hieß das doch „abwarten, was der Trainer noch zu sagen hat“. Abwarten war aber nicht ganz die richtige Lösung.
Niederlagen analysieren
Niederlagen sind dazu da, um aus ihnen zu lernen. Natürlich ist nicht der Trainer der alleinige Buhmann. Wir können uns auch die Schiedsrichter vornehmen und bemängeln, dass sie die zahlreichen Schrittfehler der Kroaten ungeahndet ließen. Die Kroaten liefen durch den 9-Meter-Raum, wie sie wollten. So kamen sie wieder ins Spiel. Das ist aber zu billig, die Schuld auf andere zu schieben.
Auch wollen wir nicht verschweigen, dass die Kroaten auf den „halben Positionen“ links wie rechts eindeutig stärker besetzt sind. Dennoch meisterte es die deutsche Mannschaft in der ersten Halbzeit so, dass der Zuschauer sich fragen musste, ob der Gegner tatsächlich „Kroatien“ heißt. Sie spielte teilweise derart, dass die Kroaten wohl auch selbst nicht mehr wussten, wer oder was sie sind.
Führung selbstorganisierter Teams
Wenn im Vorfeld exzellente Führungsarbeit geleistet worden ist, und das Team eine Leistung auf Weltniveau abruft, dann lässt man das Team einfach weitermachen, vertraut auf die gezeigte Stärke und unterbricht nicht mit mehr oder minder klugen Tipps.
Laufen lassen, wenn es läuft.
Vertrauen auf die Selbstorganisation des Teams.
Die Leichtigkeit des Seins erleben.