Arbeitszeiterfassung: Die größten Fallen

Zwei Uhren an den Armen einer 50-jährigen und einer 20-jährigen Frau

Worauf müssen wir bei der Arbeitszeiterfassung unbedingt achten? Wo lauern die größten Dokumentationsfallen? Und warum reicht eine einfache Verpflichtung des Arbeitnehmers oft nicht aus? Spannende Fragen, die einer genaueren Betrachtung bedürfen.

Pflicht zur Arbeitszeiterfassung

Es besteht bereits eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung, stellt das Bundesarbeitsgericht (1ABR 22/21) die derzeitige Rechtslage ganz deutlich klar: „Der Arbeitgeber ist nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann.“ In diesem Grundsatzurteil hebt das Gericht mündlich hervor: „die Zeiterfassung ist auch Schutz vor Fremdausbeutung und Selbstausbeutung.“

Um es klar herauszustellen: die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung besteht bereits jetzt. Sie gehört laut obigem Urteil zu den Grundpflichten des Arbeitgebers. „Er hat … für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen“ (§ 3 ArbSchG Abs. 2 Nr.1).

Bei der Arbeitszeiterfassung müssen wir uns auch strickt an das Arbeitszeitrechtsgesetz halten.

Welche wichtigen Richtlinien gibt das Arbeitszeitrechtsgesetz grundsätzlich vor? Bitte achten Sie unbedingt auch auf die weiteren gesetzlichen Regelungen und die gesetzlichen Ausnahmen, auf die hier nicht eingegangen wird.

Arbeitszeitrechtsgesetz

Die Arbeitszeiterfassung muss sich unbedingt an das Arbeitszeitrechtsgesetz halten. Daher lauern hier die größten Fallen bei der Dokumentation der Arbeitszeit. Deswegen ist eine bloße Übertragung der Dokumentationspflicht auf den Arbeitnehmer problematisch. Denn das Gericht spricht von der Pflicht des Arbeitgebers. Das Arbeitszeitrechtsgesetz schreibt unter anderem vor:

§ 3 Arbeitszeit der Arbeitnehmer: „Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden…“ D.h. der Arbeitgeber muss bei der Dokumentation auf die absolute Grenze von zehn Stunden täglich unbedingt achten.

§ 4 Ruhepausen: „Die Arbeit ist durch im Voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten … zu unterbrechen. Länger als sechs Stunden hintereinander dürfen Arbeitnehmer nicht ohne Ruhepausen beschäftigt werden.“

§ 5 Ruhezeit: „Die Arbeitnehmer müssen nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben.“

§ 9 Sonn- und Feiertagsruhe: „Arbeitnehmer dürfen an Sonn- und Feiertagen … nicht beschäftigt werden.“

Auf diese und auf viele andere gesetzliche Regelungen ist bei der verpflichtenden Dokumentation unbedingt zu achten.

Arbeitszeiterfassung: Fall(en)-Beispiele

Bei Abendveranstaltungen, die bis 22.00 Uhr gehen (auch eine offizielle Weihnachtsfeier oder Geschäftsessen zählen zur Arbeitszeit), darf am kommenden Tage die Arbeitszeit nicht um 8.00 Uhr beginnen, da die Ruhezeit von 11 Stunden nicht eingehalten werden würde.

„Wir machen keine Mittagspause. Dafür bekommen wir die Zeit zwischen den Jahren frei.“ Diese Sätze könnten auf eine bei Vollzeitbeschäftigten unzulässige (betriebliche) Vereinbarung hindeuten. Das Arbeitszeitrechtsgesetz schreibt eine Ruhepause nach spätestens sechs Stunden von mindestens 30 Minuten vor. Eine Ruhepause von drei Stunden, z.B. für sportliche Aktivitäten bei einer vorwiegend sitzenden Tätigkeit, ist hingegen mit diesem Gesetz sehr wohl vereinbar. Diese wäre sowohl für den persönlichen gesundheitlichen Schutz als auch für die Arbeitsleistung kurzfristig nach der Pause und langfristig für den Erhalt der Arbeitsfähigkeit vorteilhaft.

Wenn im Betrieb von „Vertrauensarbeitszeit“ gesprochen wird, dann sollte diese auch beiderseitig eingehalten werden.

Mit der „Vertrauensarbeitszeit“ werden Auftragsspitzen ausgeglichen. Laut Gesetz bilden jedoch zehn Stunden die absolute Grenze der täglichen Arbeitszeit. Und auch bei der „Vertrauensarbeitszeit“ besteht die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung.

Dass an Sonn- und Feiertagen nicht unzulässigerweise gearbeitet wird, stellt auch der Arbeitgeber sicher. „Ich gehe noch am Sonntagabend ins Büro“ oder „Ich beantworte diese oder jene Mail“ sind am Sonntag ein arbeitsrechtliches No-Go. Daher sollten sich Arbeitgeber lieber davor hüten, auch zum eigenen Schutz, sonntags Mails an die Mitarbeiter zu verschicken.

Schutz vor Selbst- und Fremdausbeutung

Jedoch sollte der Arbeitgeber unbedingt darauf achten, dass mit der Arbeitszeitgestaltung nicht „prekäre Formen der Angestelltenverhältnisse“ entstehen.

Davon würde man ausgehen, wenn beispielsweise weder vorgeschriebene Pausen eingehalten werden noch der versprochene Jahresendurlaub gewährleistet wird. Auch Ausgleichszahlungen können die gesundheitliche Verfassung nur sehr bedingt ins Lot bringen. Gesetzliche Pflichten und Rechte dürfen ohnehin nicht durch Sonderzahlungen ausgeglichen werden. Der Selbst- und Fremdausbeutung wäre hier Tür und Tor geöffnet.

Mit der wahrheitsgetreuen und gesetzeskonformen Arbeitszeiterfassung wird die Gesundheit aller geachtet.
Hiermit werden sowohl die Arbeitnehmer als auch die Arbeitgeber geschützt.

Diese Regelungen sind nicht nur zum Schutze des Arbeitnehmers. Auch der Arbeitgeber wird geschützt. Denn wer, wenn nicht der Arbeitgeber, ist langfristig auf gesunde Arbeitnehmer angewiesen.

Arbeitszeitmanagement

Wie immer, sind auch beim Arbeitszeitmanagement nur langfristig nachhaltige Lösungen für alle erstrebenswert.

Vielleicht ist auch beim Arbeitszeitmanagement das Wichtigste, den Augenblick selbst nicht als Hindernis zu sehen, für eine Reise in die Zukunft, die das große Glück für uns bereithält.

Der Augenblick ist jetzt. Dieser Augenblick zählt.