Der Erfolg eines Unternehmens korreliert positiv mit dessen anteiligen Forschungsausgaben. Die Forschung als Organisationsentwicklungstechnik ist sowohl effizient als auch effektiv. Dennoch vernachlässigen die meisten Unternehmen ihren eigenen Part der Forschung sträflich. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Bei den Universitäten kann der Forschungs- und der Lehranteil zu je 50% grob beziffert werden. Google liegt mit der Forscherquote bei etwa 20% bestens im Rennen.
Während Großunternehmen wie VW oder Siemens ganz selbstverständlich ein Forschungslabor haben, sparen mittlere und kleinere Unternehmungen weithin an der falschen Stelle.
Forschung ist nicht genügend internalisiert
Viele Unternehmen kommen nicht einmal auf die Idee, sich selbst mit Forschung zu befassen. Die Ausgliederung der Forschung, hat zwei enorme Nachteile:
- Die Forschenden an den Universitäten beschreiben gerne Problemfelder. An Lösungen scheinen sie wenig interessiert zu sein. Lösungen machen ihr Forschungsgebiet kaputt, so die weit verbreitete Angst unter den Professoren. Die universitäre Landschaft mutet zumindest mehr Problembeschreibungen zum Zwecke der Mitteleinwerbung als Lösungsansätze zu.
- Auch wenn praktikable Ansätze und Lösungsstrategien entwickelt werden, dann dauert es eine gefühlte Ewigkeit, bis diese Einzug in die unternehmerische Praxis finden.
Systemisches Coaching als Beispiel
Belegen lässt sich die zweite These beispielhaft mit dem systemischen Coaching. Für die Entwicklung der Systemtheorie sei hier beispielhaft Schrödingers Postulat von 1958 zitiert:
Jedermanns Weltbild ist und bleibt eine Konstruktion; seine Existenz kann in keiner anderen Weise nachgewiesen werden.
Diese fundamentale Erkenntnis bildet die Grundlage des Konstruktivismus. Der Konstruktivismus ist zentraler Bestandteil der Systemtheorie.
Auch wenn im Coaching die systemische Theorie Einzug in die Praxis findet, so ist das dazugehörige Gedankenkonstrukt oft nicht bekannt. Es werden Werkzeuge genutzt, ohne das dazugehörige theoretische Fundament.
Verglichen ist das in etwa so, wenn die Französische Revolution mit einem Quiz erlernt werden würde. Die blanke Jahreszahl 1789 hat nichts mit der fundamentalen Idee, deren Verwirklichung und ihren Folgen zu tun.
Zurück zu systemischen Organisationsentwicklung
Während der Wissenschaftler häufig schon am Ziel seiner Träume angekommen ist, wenn er ein Phänomen beschreiben, analysieren oder erklären kann, gewinnen diese (systemischen) Theorien für den Praktiker nur einen Sinn, wenn sie Lösungen eröffnen.
Wenn selbstorganisierte Systeme kein Buch mit sieben Siegeln sind. Unternehmen als komplexe Systeme gemanagt und evolutionäre Wege bestritten werden.
Das praktische Chaos wird in effektive und effiziente Strukturen überführt: unternehmerische Praxis eben – Tag für Tag.
Forschungsaffinität als Kompetenz
Diese Komplexitätsreduktion erfordert ein forschend-agiles Mindset.
Für den forschenden Anteil des Mindsets gilt, dass echte Innovationen nicht vorhersagbar sind. Fehlschläge gehören zur Forschung dazu. Die Forschenden benötigen Muße, die die Unternehmen ihnen im eigenen Interesse gewähren sollten. Gute, forschende Kräfte arbeiten aus eigenem Antrieb. Druck erzeugt Lähmung.
Im Buch aus dem Jahr 1991 „Evolutionäre Wege in die Zukunft – Wie lassen sich komplexe Systeme managen?“ stellt Herrmann Haken auf Seite 86 heraus:
„Es kann gar nicht stark genug betont werden, dass gute Ideen eine Reifeperiode brauchen, und die zündende Idee dann oft in einer Stunde der Muße … kommt. …
Wichtig ist die Verzahnung von Forschung.., wobei immer wieder Gespräche zwischen den beteiligten Gruppen stattfinden müssen.“
Die Metaebene der forschenden Organisation
Während andere sich noch mit der „Lernenden Organisation“ herumschlagen, entwickeln Sie einfach die „Forschende Organisation“. Lassen Sie eine Lähmung nicht zu. Gehen Sie die Zukunft agil an. Verlieren Sie dabei den forschenden Blick nie aus den Augen. Und lassen Sie, so viele Mitarbeiter wie möglich, einen forschenden Blick auf ihre Tätigkeit werfen. Beziehen Sie sie systematisch in die Forschungstätigkeit mit ein.
Die Metaebene, also erforschen, wie das unternehmerische Forschen am besten gelingt, bringt Sie wohl am Weitesten.
Zu guter Letzt wandeln wir Paul Watzlawicks erstes Axiom ab und behaupten: „Wir können nicht nicht forschen.“ – Wer mag da widersprechen?