Stress, ja bitte!

Gen C macht große Sprünge

Eine negative Bewertung des Wortes „Stress“ löst durch eine selbsterfüllende Prophezeiung eine Negativspirale aus. Und genau diese, meist unbewusst vorgenommene Bewertung, ist das größte Problem. Nicht der „Stress“ selbst, sondern wie wir diesen beurteilen und somit wie wir mit der Situation umgehen, ist entscheidend.

Betrachten wir das Phänomen etwas genauer. Stress wird durch Stressoren augelöst, die wir als Reize wahrnehmen. Diese Stressoren werden bewusst und unbewusst konatiert. Bei dieser Beurteilung heben wir zwei Dimensionen hervor: Relevanz und Belastung.

Relevanz des Stressors

Nicht alle Stressoren sind gleich relevant. Ihre Relevanz kann von irrelevant bis hoch relevant eingestuft werden. Irrelevante Stressoren können wir vernachlässigen. Es sei denn, ihre Relevanz wurde falsch bewertet. Der Wolf im Schafspelz tarnt sich nur, um spät erkannt zu werden. Auch das Verschließen der Augen oder den Kopf in den Sand stecken, bringt uns nicht weiter. Es macht uns blind. Es steht uns gut, uns der Situation zu stellen. Mit beiden Beinen auf dem Boden der Tatsachen, aufrecht und mit gehobenem Haupt.

Belastung des Stressors

Relevante Situationen werden als positiv stressend, neutral, potenziell gefährlich stressend oder als bereits erfolgte Schädigung bewertet. Sie werden interpretiert als

  1. Challange, also eine Herausforderung, der ich mich stelle und mir zutraue, diese zu bewältigen
  2. neutrale Situation
  3. Gefahr, die Angst auslöst oder
  4. bereits eingetretene Schädigung mit einem Verlust

Da unser Wissen begrenzt ist, erfolgt die Bewertung subjektiv. Die stets konstruktivistische Bewertung, zieht selbsterfüllende Prophezeiungen nach sich. Es lohnt sich, Stresssituationen stets als eine Herausforderung anzusehen und damit eine positive Spirale auszulösen. Das lässt sich üben.

Positive Bewertung von Stress als Lebenseinstellung

Ich hatte das Glück, dass meine Mutter seit meiner frühsten Kindheit, mir und meinem persönlichen Unglück stets konstruktivistisch begegnete:

  1. Das kannst du nicht beurteilen. – Das kann keiner.
  2. Du weißt nicht, wofür das gut ist. – Das weiß kein Mensch.
  3. Du weißt noch nicht, was in der Zukunft passieren wird.
  4. Aus der Zukunft betrachtet, sieht die Sache ganz anders aus.

Manchmal, in meinem tiefsten Unglück, habe ich diese Worte gehasst. Und ich wusste, sie werden kommen, egal wie groß mein Unglück auch sein mochte.

Doch immer wieder habe ich die Erfahrung machen dürfen, dass sie Recht behalten würde. Nichts wurde so heiß gegessen, wie es gekocht wurde. Alle Situationen habe ich gut überstanden und meine Resilienz gestärkt. Nun denke ich, komme was wolle, daran kann ich nur wachsen. Hierfür kann ich meiner Mutter nicht genug danken.

Superkompensation

Aus dem Sport kennen wir das Prinzip der Superkompensation. Wir müssen bestimmte Reize (zum Beispiel im Training) setzen, damit eine überschießende Anpassungsreaktion stattfindet. Infolge in einer belastungsinduzierten Auslenkung (Pause) ausgelösten Wiederherstellungsvorgänge verbessern wir unsere Leistungsfähigkeit über das Ausgangsniveau hinaus. Die Superkompensationsphase tritt infolge der Belastung erst im Anschluss an eine Erholungsphase ein. Einfacher ausgedrückt: stressiges Training – Pause – Leistungssteigerung. Mit anderen Worten: Sieger werden in den Pausen gemacht.

Übertragen auf eine psychische Stresssituation bedeutet dies, dass wir für unser psychisches Wachstum Stressoren benötigen. In einer Auszeit verarbeiten wir die Situation. Diese Zeit müssen wir uns nehmen. In dieser Zeit entwickeln wir Lösungsstrategien. Wenn wir an unseren Erfolg glauben, werden wir diese Strategien umsetzen. Mit dem Erfolg werden wir stärker denn je.

Stress als Motor für die Organisationsentwicklungstechnik

Auch ganze Organisationen sind Stresssituationen ausgesetzt. Der erfolgreiche Umgang damit ist adäquat. Jede Stresssituation ist gleichzeitig eine Chance für die ganze Organisation. Reize erfordern Anpassungsleistungen, die eine gesteigerte Leistungsfähigkeit der Organisation ermöglichen.

In Forschenden Organisationen wird Stress als notwendige Wachstumsbedingung interpretiert. Der Stressor muss jedoch nicht unbedingt von außen kommen. Innere Stressoren setzen ebenso Wachstumsimpulse. Zufriedenheit macht träge. Glück und Erfolg sind kurzfristiger Natur. Wir stellen uns den unbequemen Wahrheiten. Nehmen uns Zeit. Und machen das beste daraus.


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